Es gibt keine Heiligen. Und auch die Radkolumne hat es hart erwischt: Verwarnung mit Zahlungsaufforderung! Die Ordnungswidrigkeit: Fahren ohne Licht.
Ich war ein Dunkelradler
Meine Schandtat: „Licht am Fahrrad entsprach nicht den Vorschriften“. Deswegen wurde ich verwarnt, und zwar unter Erhebung eines Verwarnungsgeldes von 20,00 Euro. Okay, ich gestehe, ich war ein Dunkelradler und tue Buße! Ich bereue. Ich bezahle die 20 Euro, ich bringe mein Licht in Ordnung und ich schreibe einen Beitrag zur korrekten Fahrradbeleuchtung. Die ersten beiden Bußen habe ich hinter mir, die dritte lest ihr gerade. 😉 Los gehts mit den Lampen.
Fahrradlampe und Rücklicht
In Deutschland ist ja alles regelt, und natürlich auch die Fahrradbeleuchtung. Paragrafen-Sattelreiter schauen in die StVZO, die Straßenverkehrszulassungsordnung. Vorgeschrieben sind laut § 67 ein Vorderlicht und ein Rücklicht. Für uns Radlerinnen und Radler erfreulich: es hat da eine Änderung gegeben. Im letzten Jahrtausend musste die Energie nämlich noch zwingend von einem Fahrraddynamo stammen. Also von Muskelkraft, die doch zum Treten benötigt wird. Seit einiger Zeit erlaubt sind auch batteriebetriebene Scheinwerfer und Rücklichter. Aber nur, wenn sie funktionieren. Und das spricht für eine LED-Beleuchtung, statt der früher üblichen Halogenlampen.
PS: Kennt noch jemand diese Überzieher-Dynamokappen, die das Durchdrehen des Dynamos bei Regen und Schnee verhindern sollten?
Welche Lampen sind zugelassen?
Ich erspar‘ euch hier mal irgendwelche Lux- und Lumen-Zahlen. Zugelassene Lampen erkennt ihr am K mit einer kleinen Wellenlinie. Das K steht für Kraftfahrtbundesamt (die Autofahrerbehörde weiß, was für Radfahrer gut ist). Am besten kauft ihr eure Lampe beim Fahrradhändler, denn der hat im Gegensatz zu den Ramschläden nur zugelassene Modelle im Sortiment und berät euch auch fachkundig.
Fahrradlampe richtig einstellen
Wie wird die Fahrradlampe eingestellt? Falsch: Auf maximale Sicht. Richtig: So, dass ihr selbst genug seht, ohne die Anderen zu blenden. Vor dem LED-Zeitalter ging das noch relativ einfach: mit dem Fahrrad im Abstand von 5 Metern vor eine Mauer stellen. Dann die Lampe so neigen, dass der Lichtkegel an der Mauer halb so hoch liegt wie bei seinem Austritt aus dem Scheinwerfer. Diese Methode ist auch nach wie vor für ältere Beleuchtungen empfehlenswert, also für klassische Birnchen-Lampen und Halogen-Scheinwerfer. Aber nicht für die Justierung von LED-Strahlern.
LED-Fahrradlampen richtig einstellen
Die Methode „Pi mal Daumen“ ist bei LED-Strahlern aus zwei Gründen nicht zu empfehlen: Erstens steigt, dank der Verbreitung der Pedelecs und der Verbreiterung der Radwege, die Geschwindigkeit im Radverkehr an. Und zweitens muss bei LED-Lampen die sogenannte Hell-Dunkel-Grenze beachtet werden. Die was bitte?
Die Hell-Dunkel-Grenze
Jeder vom Kraftfahrtbundesamt zugelassene LED-Scheinwerfer verfügt, egal ob per Akku oder Dynamo mit Strom versorgt, verfügt über die sogenannte Hell-Dunkel-Grenze: Der dunklere Bereich befindet sich im oben im Lichtkegels, der hellere unten. Wer das bisher noch nicht so wahr genommen hat leuchtet einfach mal frontal gegen eine Wand: Oben dunkel, unten hell. Alles Klar?
So, jetzt aber zum Lichtcheck bei Antritt der Fahrt. Wann ist ein LED-Scheinwerfer optimal eingestellt? Auskunft gibt Stefan Göttling vom Lampenhersteller Busch & Müller: „Wenn auf einer geraden Strecke die Hell-Dunkel-Grenze auf der Fahrbahn, selbst in weiter Ferne, noch erkennbar ist.“ Dann macht ihr den Gegencheck, schwenkt ein bisschen von der Geraden ab und schaut nochmal genau euren Lichtkegel an: „Der helle Teil des Lichts hat in Bäumen oder Gesichtern nichts verloren.“ Quelle: Pressedienst Fahrrad.
Fahrradreflektoren, sind die Pflicht?
Ja, neben den Fahrradlampen, die ja aktiv leuchten, sind auch noch diverse Reflektoren vorgeschrieben. Was ist ein Reflektor? Ein Material, das einfallendes Licht reflektiert, zum Beispiel das eines Autoscheinwerfes. Ein guter Reflektor besteht aus vielen kleinen Pyramiden, die das Licht auch dann an die Lichtquelle zurückstrahlen, wenn es indirekt, also seitlich auftrifft. Dabei wird der Autofahrer aber nicht geblendet, wie es bei einem Spiegel der Fall wäre. Sind Reflektoren sinnvoll? Ein klares JA! Fahrräder haben ja keine Seitenbeleuchtung (haben Autos auch nicht, aber das ist ein anderes Thema), und Reflektoren vorne und hinten bieten wenigstens einen minimalen Schutz, falls das Licht kaputt ist. Und dank Pedal- und Speichenreflektoren erkennt ein Autofahrer sofort, dass er einen Radfahrer vor sich hat. Im besten Fall verhält er sich dann besonders rücksichtsvoll. Okay, das war ein kurzer Überblick, jetzt zu den amtlich vorgeschriebenen Reflektoren laut § 51 der StVZO, der Straßenverkehrszulassungsordnung. Wo müssen die hin und in welcher Farbe müssen die leuchten … beziehungsweise reflektieren?
Reflektor vorne
Vorne ist ein weißer Reflektor vorgeschrieben. Du hast ein neues Rad gekauft und ihn nicht gefunden? Keine Panik, dann ist er bereits in der Vorderlampe integriert. Leuchte einfach mal im Dunkeln mit der Taschenlampe auf dein nicht angeschaltetes Vorderlicht, dann wirft er das Licht auf dich zurück.
Reflektor hinten
Hinten am Fahrrad ist ein großer roter Reflektor Pflicht. Ein kleines Rücklicht genügt da also nicht.
Pedalreflektoren
Ja, die Straßenverkehrszulassungsordnung schreibt auch Pedalreflektoren vor, also diese Plastik- oder Plexiglas-Einlagen in den Pedalen. Handelsübliche Fahrräder sind natürlich mit Pedalreflektoren ausgestattet und diese Reflektoren machen auch am wenigsten Probleme. Meine persönliche Statistik: Speichenreflektoren haut es mir alle 2 Jahre heraus, Pedalreflektoren nie.
Speichenreflektoren
In Vorderrad und Hinterrad, also den beiden Laufrädern eines Fahrrads, sind jeweils zwei Speichen-Reflektoren Pflicht ,die sogenannten Katzenaugen. Auch die Farbe ist vorgeschrieben, die Dinger müssen gelb sein. Gute Nachricht für die Fahrer von Vintage-Bikes, die das Plastik in den Speichen als unästhetisch empfinden: Erlaubt sind nach StVZO auch reflektierende Streifen am Reifen.
Alle Reflektoren
Hier nochmal die Zusammenfassung der vorgeschriebenen Reflektoren nach der StVZO, der Straßenverkehrszulassungsordnung:
- Vorne: Weißer Reflektor (darf auch in den Lampe integriert sein).
- Hinten: Großer roter Reflektor (waren früher zwei, einer wurde wieder gestrichen).
- An den Pedalen: Gelbe Reflektoren, die nach vornen und hinten abstrahlen.
- In den Rädern: Entweder jeweils zwei Speichenreflektoren oder reflektierende Reifen.
Was auch erlaubt ist: mehr als die vorgeschriebene Zahl an Reflektoren anbringen. Wenn vorgeschriebene Reflektoren fehlen, kann die Polizei ein Bußgeld verhängen. In der Praxis kommt das aber wohl nur in Städten vor, die zumindest über eine ganzjährig aktive Fahrradstaffel verfügen. Der Durchschnitts-Polizei fehlt in Deutschland einfach das Knowhow und das Interesse. Ein Radfahrer ist halt kein richtiger Verkehrsteilnehmer.
Ende der Buße
Soweit meine Buße und der technische Teil dieses Beitrags. Stammleser der Radkolumne ahnen, dass da jetzt noch irgendwie was kommt … irgendwas gegen die Autofahrer, die Autopress, und die Verkehrspolitik. Richtig! Mit der Beleuchtung und den Reflektoren reicht nämlich auch mein Entgegenkommen.
Leuchtbekleidung für Radfahrer
Was Radfahrerinnen und Radfahrer außer der Bestückung ihres Gefährts mit Lampen und Reflektoren sonst noch für ihre Sicht und Sichtbarkeit tun sollten? Die Presse hat da eine ganz klare Haltung: Je mehr, desto besser! Besondes zur dunklen Jahreszeit erhalten langsamere Verkehrsteilnehmer, also Fußgängerinnen und Radfahrer, immer wieder allerlei pädagogische Ratschläge, wie sie sich zu kleiden haben, damit sie nicht angefahren oder überfahren werden. Das Prinzip dahinter: Die Geschwindigkeit eines Autos wird als eine unveränderliche Konstante angesehen. Weil Autofahrer nicht auf Sicht fahren wollen, müssen sich alle anderen anpassen und wie eine Leuchtreklame blinken. Das widerspricht allerdings der Straßenverkehrsordnung. Darin steht nämlich nicht etwa, dass Radler und Fußgänger wie Christbäume leuchten müssen. Da steht aber, dass die Autofahrer ihre Geschwindigkeit anpassen müssen.
Wer hat bei Unfällen schuld?
Mein Problem mit diesen Ratschlägen zur erhöhten Sichtbarkeit: Damit wird suggeriert, wer bei einem Unfall die Schuld trägt: Der nicht genug in seiner Kleidung angepasste Fußgänger oder Radler. Entlastet wird dagegen der Autofahrer. Er darf weiterhin mit 50 durch die Stadt rasen und sich darauf verlassen, dass sich die anderen auf ihn einstellen. Was das Problem wirklich lösen würde: Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts und Tempo 80 auf Land- und Bundesstraßen.
Autofahrer sagen, was die Anderen tragen
Was mir gewaltig auf den Senkel geht, sind propagandistische Pressemitteilungen. Wie diese hier von der dpa (Deutsche Presseagentur), die von vielen Zeitungen übernommen wurde:
Nicht nur Radfahrer, sondern auch Fußgänger sind in der dunklen Jahreszeit sicherer unterwegs, wenn sie Kleidung mit möglichst vielen und großen reflektierenden Flächen tragen.
Quelle: Frankurter Rundschau
Wo wurde so eine Bekleidungs-Fatwa platziert? In der nach Eigenverständnis linksliberalen Frankurter Rundschau. Wie links und wie liberal ist das denn? Autofahrer sagen, was die Anderen tragen? Ja sind wir denn hier? In Saudi-Arabien oder in Nordkorea? Es soll doch jede und jeder über die Kleidung selbst entscheiden.
Nicht ohne Leuchttextilien und Blinkhelm
In der dpa-Meldung werden neben den im Straßenbild schon weit verbreiteten Warnwesten auch noch sogenannte „Leuchttextilien“ empfohlen. Jetzt spinne ich den Gedanken mal etwas weiter. Wie stellten sich denn diese Ratschläger denn das Alltags-Leben eines Ehepaares vor, das die Leuchtvorschriften ordentlich befolgt? Vielleicht ja so:
Er: „Schatz, ich gehe mal schnell unsere Theaterkarten abholen und dann noch zu Schulzes. Was soll ich anziehen, welchen Mantel, welche Schuhe, welchen Hut?“
Sie: „Nimm doch einfach deine Leuchttextilien … aber warte, ich näh‘ dir hinten noch einen hübschen Reflektor drauf. Deinen Hut hab ich weg, eine Mütze schützt bessser als ein Hut, sagen die Unfallchirurgen! Und außerdem lässt sich dein Blinklicht dann besser auf dem Kopf befestigen. Du vergisst es doch nicht wieder? Die Straße ist gefährlich!
Noch ist das Satire, aber wer weiß? Vielleicht arbeitet ein Team aus Unfallchirurgen, ADAC und Apothekenumschau ja schon einer Broschüre mit ähnlichem Text. Weit entfernt von der Realität ist es nämlich nicht. Die ersten Fußgänger mit aktiver Beleuchtung hab ich in Berlin schon erspäht.
Leuchtstab für Fußgänger
Beim Radeln durch Berlin hab ich in der Dämmerung einen älteren Herrn getroffen, der mit erhobener Hand und einem seltsam leuchtenden Stab die Straße überquerte. Ich hab natürlich gleich angehalten und nachgefragt. Und ja, er hat den Leuchtstab immer dabei, wenn er am Abend noch auf die Straße geht. Damit er nicht überfahren wird. Auf meine Seite habe ich ihn aber nicht ziehen können, er war auch den Radfahrern gegenüber sehr kritisch eingestellt. (In der Fußgänger-Typologie zwischen Typ 4 und 5). Den Leuchtstab hatte er aber schon als Schutz vor Autos und nicht vor Radlern.
Gleiches Recht für alle bitte!
Das muss ich jetzt auch noch los werden: Entweder gilt die Straßenverkehrsordnung für alle oder für keinen. Als Dunkelradler gefährde ich mich und andere. Ein Beispiel: Ein Autofahrer, der mich überholt und den Seitenabstand von 1,50 Meter einhält, muss in den Gegenverkehr. Wenn ich aber kein Vorderlicht habe, kann ein entegenkommender Autofahrer die Situation erst spät einschätzen. Da gibt es nichts zu rütteln. Wenn ich ohne Licht radle, bin ich ein Trottel. Aber jetzt erklär mir mal jemand, warum Dosentrottel nicht sofort abgeschleppt werden, wenn die so parken, dass sie die Sicht einschränken: Als Eckenparker, Kreuzungsparker, Gehwegparker, Radwegparker und Zebrastreifenparker. Ich fordere gleiches Recht für alle. Und Gefahrenbeseitigung. Und so nebenbei: Ein Eckenparker gefährdet nur andere, ein Dunkeltradler gefährdet sich und andere. Schleppt die Gefährder aus der Gefahrenzone, dann ist die Gefahrenzone weg!
Tipps für Dunkelradler
Am Anfang diesen Beitrags hab ich gestanden, dass ich kein Heiliger bin. Deswegen gibt es jetzt noch ein paar inoffizielle Tipps für Dunkelradler. Tipp 1: schiebt! Tipp 2: Lasst das Rad stehen und lauft heim! Tipp 3: Nehmt die Straßenbahn, den Bus oder ein Taxi!
Für Hartnäckige
Letzter Tipp: Wenn ihr zu zweit auf Schrotträdern unterwegs seid, dann fährt die mit dem intakten Vorderlicht vorne und der mit dem intakten Rücklicht hinten. Wenn ihr alleine fahrt, dann im Stop-and-Schieb-Betrieb. Fahrt nur, wo ihr sicher seit, steigt ab, wo es gefährlich ist. Und am nächsten Tag: Bringt euer Licht in Ordnung!
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Auch in Städten gibt es dunkle Ecken, in denen ein paar reflektierende Streifen an Hosen oder Schuhen deutlich zur Erkennbarkeit von Fußgängern beitragen. In der hiesigen Großstadt z.B. führt ein gut frequentierter Fuß-/Radweg (ca. 3 m breit, fernab des motorisierten Verkehrs) als Verbindung zwischen der Innenstadt und einem Vorort mitten durch einen „Waldpark“ ohne jedwede stationäre Beleuchtung. Und in der kälteren Jahreshälfte hilft einem ein zeitgemäßes und korrekt ausgerichtetes LED-Frontlicht aus dem gehobeneren Programm des genannten Leuchtenherstellers nicht wirklich, nach Einbruch der Dunkelheit streunende Hunde – wo ist die Leine? – oder schwarz in schwarz gekleidete Jogger im dunklen Tann zu erblicken, von den Dunkelradlern und Darwin-Award-Anwärtern zu schweigen … Da könnte der Appell an den gesunden Menschenverstand und die lichttechnische Aufrüstung, ob passiv oder aktiv, nicht schaden, egal von welcher Seite. Jedoch scheint ein Großteil jener Menschen in Schwarz beratungsresistent zu sein …
Man muss zwar Speichen-Reflektoren haben, zwei Katzenaugen, oder auf jeder Speiche eine weiße Hülse, aber gibt es eine Regel die besagt dass man das Rad nicht verkleiden darf?
Bei einem Hollandrad gibt es diese transparenten Abdeckungen, ist das Pflicht (Transparenz)?
Oder darf man auch zumindest oben rum auch abdecken?
Denn wenn nicht, wären ja alle Gepäckträgertaschen verboten.
Also reicht es doch, das Hinterrad nur zur unteren Hälfte zu sehen?
Hallo Tobias,
hab dazu nichts gefunden. Nehme an, dass Hollandräder und Satteltaschen erlaubt sind. Die sichtbare untere Hälfte des Hinterrads (bzw. Vorderrads bei Vorderradtaschen) reicht wohl rechtlich.
Viele Grüße,
Bernd von der Radkolumne
Hierzu ist §67 StVzO relevant. In Absatz 2 heißt es: „Lichttechnische Einrichtungen dürfen nicht verdeckt sein.“
Und damit haben leider keine echte Klarheit, denn „nicht verdeckt“ kann man so verstehen, dass die Beleuchtung immer sichtbar ist, aber auch so, dass sie nicht wesentlich abgedeckt ist. Bezogen auf den Radumfang: sind 10% Abdeckung zulässig? 30? 90?
Wie (fast) immer gilt: gesunder Menschenverstand ist hier gefragt. Und: wo kein Kläger, da kein Richter.
Dennoch bleibt ein Rest Unsicherheit. Bei einer Kontrolle kann der §67 auch streng ausgelegt werden – und wer wird wegen 10€ Bußgeld vor Gericht gehen?
Hallo Bikeblogger, danke für die Info.. baue es in den Beitrag ein.
Bernd Schmitt