Die pedalisierende Oberschicht, die in ihrem Elfenbeinturm auf die normale Bevölkerung herabsieht, kennt keine Grenzen mehr. Zum Inbegriff von Schwelgerei, Prunk und Vergnügungssucht sind die Luxusradwege geworden. Folge 20 der großen Ausredenserien der Radkolumne.
Wer die Wahntrassen bezahlen muss
Womit werden die miliardenschweren Wahntrassen bezahlt? Mit den Steuern aus den klammen Taschen der notleidenen Autofahrer. In der Weltgeschichte hat es kaum eine Gesellschaftschicht gegeben, die so stark durch Geldgier und Geltungssucht geprägt war wie die Radfahrer. Was wurde in den letzten Jahren nicht alles an Luxusradwegen aus der Heimaterde und dem Felsengebirge gestampft? Wie viele Arbeiterinnen und Arbeiter schuften auf Nachtbaustellen und haben ihre Familien seit Monaten nicht mehr gesehen? Und das alles nur, weil die Luxusradwege noch schneller vollendet werden müssen.
Die Radaquädukte des Ruhrgebiets
Während ich diese Zeilen verfasse, läuft mir ein Schauder über den Rücken. Ich spüre Fieber, ich erlebe noch einmal die titanische Urkraft. Jene Kraft, die bei der Errichtung der Radaquädukte die Menschen- und Erdmassen bewegte. Meine Gedanken kreisen um den Radschnellweg Ruhr und um die Nordbahntrasse in Wuppertal. Meine Gedanken kreise um die Fahrradschneise zwischen Darmstadt und Frankfurt. Sie ist so breit, dass das Frankfurter Waldstadion planiert werden musste. Die Spielfläche des Ersatzstadions (Deutsche Bank Park) beträft nur noch 18 x 9 Meter, das entspricht einem Volleyballfeld.
Oh ihr Luxusradwege … mich überkommen nietzscheanische Visionen. Ich bin nicht mehr Herr meiner Sinne … es zieht mich hinaus … hinan … verfallen bin auch ich dem Luxus … totaler Luxus beruhigt meine Nerven, ich will mit Geld nur so um mich werfen (Annette Humpe) … ich bin wieder drauf … auf dem Luxusradweg. Ich bin mit Kettenfett gesalbt.
Luxusradwege im Ausreden-Check
Skill-Faktor: 8 von 10 Punkten. Verschwendung und Geldgier ist nirgendwo so weit verbreitet wie im Elfenbeinturm der Radweglobby. Powersatz: „Radwege sind spätrömische Dekadenz.“