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Raserhölle Schweiz

Radfahren in der Schweiz ist sicher
Die Schweizer Bußgelder sind berühmt.

In meinem Bekanntenkreis, als Radfahrer gelte ich dort als Sonderling, existieren zwei Tabuzonen: Berlin und die Schweiz. Im Chaos von Berlin droht die Beschädigung des Autos. Das ist schlimm. Aber die saubere Schweiz ist noch schlimmer. Noch viel schlimmer.

Ist die Schweiz gescheitert?

Die Deutschen lieben die Schweiz wegen der guten Schokolade, dem leckeren Käse, den präzisen Uhren und dem Bankgeheimnis. Und doch, Demokratie hin oder her, ist die Eidgenossenschaft in den Augen der Autofahrer gescheitert. In der Schweiz droht nämlich die Beschlagnahmung des Autos. Das ist, weil keine Versicherung zahlt, noch schlimmer als in Berlin. Die Schweiz ist die Hölle der deutschen Autofahrer.

Auto weg, Fahrer in Haft

Wer mit 70 km/h durch ein 30er-Zone brettert, oder mit 200 km/h über die Autobahn, gilt in der Schweiz als Verbrecher. Raser werden mit 1 bis 4 Jahren Freiheitsentzug bestraft. Außerdem kann das Auto als Tatwaffe beschlagnahmt und für das Allgemeinwohl versteigert werden. Die Geschwindigkeitsgrenzen für Raser sind genau festgelegt. Ein Verbrechen liegt vor wenn die Höchstgeschwindigkeit um diese Werte überschritten wird:

  • 40 km/h bei Höchstgeschwindigkeit 30 km/h.
  • 50 km/h bei Höchstgeschwindigkeit 50 km/h.
  • 60 km/h bei Höchstgeschwindigkeit 80 km/h.
  • 80 km/h bei Höchstgeschwindigkeit 120 km/h.

Schweizer Verkehrserziehung

Die Schweiz ist Europameister der Verkehrssicherheit. In keinem anderen Land sterben, auf die Einwohnerzahl bezogen, weniger Menschen durch Autofahrer. Das Betriebsrisiko vom PKWs und LKWs wird ernst genommen. Wer die Hände ans Lenkrad legt, muss Verantwortung übernehmen. Weil Autofahrer unter Generalverdacht stehen, halten die Schweizer ihre Tempolimits ein:

  • Innerorts: 50 km/h.
  • Außerorts: 80 km/h.
  • Autostraßen: 100 km/h.
  • Autobahn: 120 km/h.

Via-Sicura-Gesetz bietet Schutz vor Rasern

Das Via-Sicura-Gesetz geht auf die Volksinitiative Schutz vor Rasern zurück. Darin heißt es:

Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren bestraft wird, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.

Definition des Raserstraftatbestandes, Art. 90

Autofahrer am Limit

Die eidgenössischen Gendarmen sorgen für die Einhaltung der Gesetze. So einfach ist das. Und die Gefährder? Machen Mimimi wie Dreijährige auf Gummibärchen-Entzug. Kostproben deutscher Raser:

  • „Ich fahre schon seit Jahren nicht mehr in die Schweiz [ …] So ist der eidgenössischen Volkswirtschaft ein Umsatzausfall von 10.000 Euro entstanden. Nur wenn der Tourismus leidet, findet ein Umdenken statt.“
  • „Ich habe nicht vor, in den nächsten 5 Jahren die Schweiz wieder zu betreten.“
  • „Solange die Strafen für geringe Vergehen so exorbitant hoch sind und die Bearbeitungsgebühren […], werden die mich nie wieder sehen.“

Raser werden abgeschreckt

Das Geheule der Gefährder ist für die Schweiz ein Gewinn. Dass Raser das Land freiwillig meiden, spart die Verhängung von Einreiseverboten. Die Abschreckung durch die präzise eidgenössische Tempoüberwachung genügt. Und wenn ein Schweizer mal richtig Gas geben will? Dann tobt er sich eben bei den Nachbarn im Norden aus – den Deutschen.

Was die Schweiz demokratisch beschlossen hat: Verbrecher fahren in den Knast und deren Waffen werden versteigert. Weil sich das schnell herumsprochen hat, sind die Raser dort viel weniger aktiv als in allen anderen europäischen Ländern. Und die Verkehrsopferzahlen sind erheblich niedriger als in allen anderen europäischen Ländern. Heidi und Peter radeln unbeschwert. Oh glückliches Helvetia.

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10 Gedanken zu „Raserhölle Schweiz

  1. Dass in der Schweiz weniger Menschen im Straßenverkehr getötet werden stimmt nicht (etwa 4 pro eine Milliarde Kilometer wie in Deutschland). Und ganz bestimmt würde ich nicht mit 70 durch eine 30er Zone fahren.
    Dennoch empfinde ich es als extreme Autofahrer-Gängelei, schon bei 141 auf der Autobahn (das ist bei uns ja langsam) vierstellige Summen bezahlen zu müssen. Die Schweiz schreckt also nicht nur Raser ab.

    Ich meide deshalb nicht nur die Schweiz, sodnern auch andere Länder mit Maut und sitze lieber gleich in den Flieger, da wird mein Geld auch 1:1 ins Vorwärtskommen investiert und es gibt keine Steuern, die den Staatsapparat noch fetter machen.

    Ob das umweltfreundlicher ist, muss jeder für sich entscheiden.

    1. Hallo Herr Schimpf,
      die Unfallzahlen beziehen sich auf das Jahr 2016 und stammen aus dieser Quelle. Demnach sind Norwegen und die Schweiz die sichersten Länder in Europa. Sehr sicher sind auch Großbritannien und Schweden. Deutschland belegt einen Mittelplatz, das höchste Risiko besteht in Osteuropa, Rumänien und Bulgarien sind besonders unsicher.
      Die Schweiz schreckt alle ab, die sich nicht an die Geschwindigkeitsregeln halten.
      Zum Thema Flugverkehr, meine persönliche Meinung:
      Aus Sicherheitsaspekten ist das Flugzeug zu begrüßen. Fliegen ist sicher, gefährdet keine Unbeteiligten und erzeugt keinen Autoverkehr in den überlasteten Städte. Ob man als Fluggast ein schlechtes Gewissen haben sollte? Ich glaube nicht, denn angesichts der begrenzten Ölreserven wird die Epoche der Luftfahrt-Massentourimus in 10 bis 20 Jahren ohnehin vorüber sein … also noch vor der Fertigstellung des Berliner Flughafens. 😉
      Mit freundlichen Grüßen,
      Bernd Schmitt

      1. Es wird immer Öl-/fossile Reserven geben, es ist allein eine Frage des (finanziellen) Aufwands, ob sich die Förderung lohnt. Wenn die Flieger in 40 Jahren mit Batterien auskommen, dann fliegen wir mit Batterien, viel umweltfreundlicher wird’s deshalb nicht.
        Schweiz: ja, die Einheimischen halten sich an ihre „StVO“ – dort, wo u. was kontrolliert werden kann: Tempo, Abstand, Parkverstöße u zT Überholverbote. Für den Rest ist nichts zu befürchten (zB Überholabstand etc)

      2. Die Ölförderung wird immer aufwändiger. Jetzt haben wir das Fracking, später werden dann auch der Nordpol und die Antarktis verschmutzt. Aber Öl läuft nicht so schnell wieder in die Becken, wie es entnommen wird. Irgendwann „müssen“ wir mit 50, 30 oder 10 % der heutigen Fördermenge auskommen. Die Städte würden dadurch sicherer (weniger Unfälle) und sauberer. Ich freue mich auf das Ende des Ölzeitalters. Hoffentlich darf ich die autofreie Stadt noch miterleben – und hoffentlich gelingt die Verkehrswende zum Fahrrad. Das E-Auto ist in der Stadt keine Alternative.

  2. Leider leben die Schweizer dann sofort hinter ihre Raserei aus sobald sie die Grenze nach Deutschland passiert haben.

    1. Genau so ist es. Der BMW Z4 des Gotthard-Rasers Christian R. wurde ja versteigert. Der Käufer so: Wenn ich rasen will, gehe ich nach Deutschland. Quelle: https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Auto-des-Gotthard-Raser-fuer-4-900-Fr–versteigert-25238585

  3. Zu 90% können die Schweizer kein Auto fahren !

    Wenn 100 oder 120 auf der Autobahn steht, meinen die Eidgenossen „muss“ . Im übrigen die Autobahn in der Schweiz ist allenfalls eine Bundesstraße, alles andere als Autobahn zu bezeichnen ist schlecht ein Witz.

    Zumal sollte sich die Schweiz mal Gedanken über eine Fahrschule auf öffentlichen Straßen machen, statt Prüfung auf einem Verkehrsübungsplatz !

    Eigentlich gehören die Strafen 1 zu 1 für die Schweizer in der Schweiz auch in Deutschland umgesetzt in Franken und nicht in Euro.
    Zu wünschen wäre auch mehr Polizei Präsenz, Mobile Blitzer im Raum Blumberg, Tiengen, Waldshut, Bad Säckingen und Lörrach erwünscht.

    1. Verkehrsübungsplatz? Das wäre mir neu. Ich habe sowohl Lernfahrten als auch die Prüfung im normalen Strassenverkehr gemacht, sowohl mit Auto als auch Motorrad und Fahrlehrer/Experte nebenan bzw. hinten drauf. So, wie man das überall macht, denke ich. Es gibt aber obligatorische Grundkurse für Roller/Motorrad, die kurz nach Erhalt des Lernfahrausweises gemacht werden müssen und welche häufig auf abgesperrten Flächen stattfinden (man braucht Platz zum Manövrieren).

  4. So sollte man auch bei uns verfahren, das Rasen sowie Autokorso mit Blockade der Autobahn wäre über Nacht Geschichte!!

    1. Ja, ein Anti-Raser-Gesetz gibt es ja in Deutschland auch, nämlich den „Raserparagrafen“ 315d im Strafgesetzbuch… darunter fällt, wer „sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig und rücksichtslos im Straßenverkehr fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.“
      Aber anscheindend wird zu selten davon Gebrauch gemacht.

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